Englische Sprachförderung

Die Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge in der Landsbergerstraße in München suchte dringend Unterstützung für Hauptschüler. Nach einer Besprechung mit der dortigen Verwalterin stellten wir eine Gruppe von 8 Teilnehmern zusammen. Die Jugendlichen sind zwischen 14 und 21 Jahre alt und stammen aus dem Irak, Afghanistan, Kosovo und Togo. Aufgrund ihrer beengten Wohnsituation brauchen sie dringend außerhalb der Schule einen Raum für konzentriertes Arbeiten und Hilfestellung bei der der Entwicklung einer eigenständigen Lernstruktur. Zunächst konnten wir noch nicht mit einer gezielten Vorbereitung für den Qualifizierenden Hauptschulabschluss beginnen, da erst eine Basis zu schaffen und Wissenslücken zu schließen waren.

 

Während der intensiven Einzelbetreuung stellte sich heraus, dass die Schüler an schweren Konzentrationsschwierigkeiten leiden. Auch wenn bei dem Großteil der Teilnehmer die intrinsische Motivation durchaus geweckt werden konnte, stellte selbstständiges und nachhaltiges Lernen eine Schwierigkeit dar.

 

Wir sahen daher unsere Aufgabe nicht nur in der individuellen Lernförderung, sondern hatten auch ein aktives Augenmerk auf die (psycho-) soziale Situation sowohl in der Lebenswelt Schule als auch in der Gemeinschaftsunterkunft.

Eine angemessene Lernumgebung und eine stabile psychische Verfassung stellen die Grundvoraussetzungen für Lernerfolge dar.

 

Didaktischer Ansatz:

 

  • Ausbau des Grundwortschatzes durch spielerisches Vokabellernen, Filme, Besuch von englischsprachigen Veranstaltungen, Kommunikationstraining
  • Aufgrund schlechter Deutschkenntnisse legen wir den Schwerpunkt auf Grammatik mit Transfer Englisch- Deutsch.
  • Wichtig ist auch die Förderung autodidaktischen Lernens und Hilfestellung zur Methodik beim Lernen von Vokabeln und grammatischen Formen.
  • Einsatz von Medien: englischsprachige Filme, Lernprogramme am PC
  • Übersetzen von Songtexten und Schreiben von eigenen Songtexten auf Englisch, Rap und Hip Hop – wünschenswert wäre eine Vernetzung mit Musik-Projekten von ICOYA, evt. Aufnahme eigener Songs im professionellen Studio.
  • Ein ganzheitliches und nachhaltiges Hilfsangebot war uns sehr wichtig, daher boten wir für diejenigen Teilnehmer, die die Hauptschule nun abgeschlossen hatten,  einen Workshop „Bewerbungstraining“ an. Der Workshop beinhaltete Unterstützung bei der Orientierung in der Berufswelt, Formulieren und Schreiben von Bewerbungen sowie Verhaltensweisen in Vorstellungsgesprächen.

 

Kooperation mit den Schulen:

 

Wir haben gleich zu Beginn des Projekts Kontakt zu den Lehrern und Schulen aufgenommen. Daraufhin stellten wir das Projekt in einer Lehrerkonferenz der Englischlehrer vor und diskutierten die Situation der einzelnen Schüler. Nach Angaben der Lehrer haben alle teilnehmenden Schüler große Defizite und brauchen dringend Unterstützung. Es ist sehr wichtig, dieses Netzwerk mit den Schulen aufzubauen, da von Seiten der Eltern oder der Sozialpädagogen in der Unterkunft bisher keinerlei Kontakt zu den Schulen bestand. Da alle Schüler große Lücken haben, starten wir das Projekt auch mit Schülern aus der 7. und 8. Klasse, so steigen deren Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss.

 

Die Lehrer waren sehr dankbar für die Unterstützung, stellten aber von Ihrer Seite auch klar, dass deutsche Sprachförderung ebenfalls sehr wichtig wäre, denn aufgrund der mangelhaften deutschen Sprache, haben die Schüler auch in allen anderen Fächern große Schwierigkeiten. Wir nahmen diesen Hinweis auf und werden daher immer wieder auch den Transfer von der englischen Sprache ins Deutsche mit einbeziehen.

 

 

Evaluierung des Projekts:

 

Gleich zu Beginn füllte jeder der Schüler einen Fragebogen zur Selbsteinschätzung aus. Insgesamt schätzten alle Schüler ihre Fähigkeiten im Hinblick auf Sprechen, Hörverständnis, Lesen und Schreiben, Verständnis der Aufgabenstellung in der Schule, sehr schlecht ein.

 

Im weiteren Verlauf des Förderprojekts wurden die Teilnehmer selbstbewusster im Hinblick auf ihre Leistungen. Insgesamt wurde vor allem das Verständnis der Aufgabenstellungen als besser eingeschätzt, was für den Transfer des Gelernten in den Schulalltag sehr bedeutsam ist.

 

In den Lehrergesprächen stellte sich immer wieder heraus, dass die enormen Defizite dieser Schüler im normalen Unterrichtsgeschehen nicht bearbeitet werden können. Daher macht ein außerschulisches Förderprojekt sehr viel Sinn.

Jedoch wurde im Verlauf des Projektes, in weiteren Diskussionen mit den Lehrern und in Einzelgesprächen mit den Schülern deutlich, dass die „Bedürfnispyramide“ an der Basis noch brüchig ist. Was bedeutet, dass durch die mangelhaften Deutschkenntnisse eine Förderung in einer Fremdsprache zwar durchaus hilfreich für eine Verbesserung der Schulleistungen in dem entsprechenden Fach sind – eine intensive Deutschförderung aber Erfolge auf wesentlich breiterem Feld, deutlichen Einfluss auf die gesamte Lernsituation und auch auf die erfolgreiche Eingliederung in die Berufswelt bedeuten würde.

 

Daher möchten wir als Fortführung und/oder Ergänzung dieses Projekt erweitern: Aufgrund unserer Erfahrungen entwickelten wir ein Konzept für eine „Intensive Deutschförderung auf Basis bikultureller (bilinguistischer)  Kontexte“ für sozial benachteiligte Jugendliche mit Migrations- oder Flüchtlingshintergrund.

Eine solche Förderung sehen wir als bedeutsame und nachhaltige Hilfe an.